Schrift: +100%-

Stromgeflüster

Was bedeutet Heimat für Ausgewanderte aus Sursee – was ist Heimat für mich?       

Gedanken zum Kunstprojekt «Stromflüsterer» von Karin Meier-Arnold auf dem Vierherrenplatz

Mit ihrem Kunstprojekt «Stromflüsterer» auf dem Vierherrenplatz lässt Karin Meier-Arnold sechs ausgewanderte Surseerinnen und Surseer zu Wort kommen. Mit den Fragen nach dem Motiv auszuwandern und zum Heimatbegriff, lässt uns Karin Meier-Arnold am Leben und Schicksal der heute zwischen 43 und 74 Jahre alten Ausgewanderten teilhaben, gleichsam als Anregung zum Nachdenken über unseren eigenen Heimatbegriff.

 

Die Motivation auszuwandern war für alle unterschiedlich. Für die einen wurde es zu eng, sie wollten sich nicht anpassen, für andere lockte die Arbeit oder ein Studium im Ausland oder bessere Möglichkeiten in der Forschung in Amerika. Wieder andere fanden neue Perspektiven in der Kunst, wie in Australien oder Norwegen. Auch Liebesbeziehungen und das Gründen einer Familie in der Heimat der Partnerin spielten eine wichtige Rolle. So haben ausgewanderte Surseerinnen und Surseer Wurzeln geschlagen an einem neuen hoffnungsvollen Ort! 

Heimat ein Gefühl der Verbundenheit mit einem Ort
Doch Erinnerungen an das Leben und Aufwachsen im Städtli, das Spielen mit den Nachbarkindern auf den noch wenig befahrenen Strassen, Naturerlebnisse am See oder im Soorsiwald wecken immer noch heimatliche Gefühle. Heimatlich verbunden sind die meisten auch heute noch mit ihrer Familie, die in der Schweiz lebt, mit den Eltern, Geschwistern, Nichten und Neffen, die sie jeweils gerne besuchen, auch um Familienfeste zu feiern. Für die einen ist Heimat ein Gefühl der Verbundenheit mit einem Ort, mit der Weite einer Landschaft, mit Menschen, die man liebt, mit einer Arbeit und Aufgabe, die Gestaltungsspielraum bietet, die von den Menschen vor Ort wahrgenommen und geschätzt wird.

Für Joe Felber, der in Australien lebt, ist die Verbundenheit mit sich selbst Heimat, er hat seinen Weg, seine Bestimmung gefunden, unabhängig vom Ort, wo er gerade verweilt. Philipp Dommens Aussage, dass Heimat ein Ort ist, wo man sich wohl fühlt, etwas Altes, das man nicht erklären kann, hat mich berührt.

Begegnungsorte für kulturinteressierte Menschen
Beim Hören der Interviews und Verweilen auf dem neugestalteten Vierherrenplatz, fühle ich mich ebenfalls wohl und verbunden: mit der Regionalbibliothek, die bald zur «open library», einlädt, als Begegnungsort für Menschen aller Altersstufen aus Sursee und Region.

Mein Blick geht weiter, den Herrenrain hinauf zu Stadttheater und Sankturbanhof.  Das Museum ist aktuell wiederbelebt mit der Ausstellung «Kunst fault nicht» von Franz Grossert y Cañameras. Franz Grossert lebte bis zum Ende der Achzigerjahre im Monnerhaus am Herrenrain als Aussenseiter und irritierender Zeitgenosse. Die aktuelle Retrospektive mit den farbenintensiven Gemälden und den schwebenden Figuren, die sich zwischen Himmel und Erde bewegen, stösst auf grosses Interesse bei Kunstliebhabern und Museumgängern aus Sursee und Region! Ein Künstlerleben, das Zeugnis ablegt von der spanischen Lebensfreude und Schaffenskraft der Einwandererfamilie, die in der Schweiz eine neue Heimat gefunden hat und bei uns wohl auch oft an Grenzen gestossen ist…

Kunst und Kultur kann Menschen verbinden und Gelegenheit bieten zu Begegnung und Austausch und dadurch das Heimatgefühl verstärken. Ich jedenfalls fühle mich wohl und zugehörig in unserer Stadt, verbunden mit den Menschen, der Landschaft und der Natur am See. 

 : Ausstellung «Kunst fault nicht» von Franz Grossert y Cañameras

vom 20.09.25 – 01.03.26 im Museum Sankturbanhof

27.September
2025

Von Ruth Balmer