Im Gespräch mit Regierungsrätin Dr. iur. Michaela Tschuor
In der Region Sursee ist die Vernetzung gelungen
Seit einem Jahr ist Regierungsrätin Dr. iur. Michaela Tschuor im Kanton Luzern Vorsteherin des Gesundheits- und Sozialdepartements. Im Rahmen ihrer Funktion ist Michaela Tschuor auch für Gesellschaftsfragen in den Bereichen Jugend, Alter, Familie verantwortlich. Im Rahmen der Überarbeitung des Regionalen Altersleitbildes Sursee hat die Regierungsrätin zu einigen aktuellen Fragen des Alters Auskunft gegeben.
- Das Gesundheits- und Sozialdepartement ist zuständig für viele Gesellschaftsfragen zu Jugend, Alter, Familie. Welchen Stellenwert hat für Sie als Vorsteherin des GDS der Bereich Alter?
Es ist tatsächlich so, innerhalb des Gesundheits- und Sozialdepartementes ist die ganze Lebensspanne des Menschen von der Geburt bis zum Tod abgedeckt. Es gibt viele Verbindungen zwischen der Gesundheit und sozialen Fragen. Dies erfordert, dass das Alter einen wichtigen Stellenwert hat. Auch im Hinblick auf die demographische Entwicklung ist das Thema Alter zentral und prägt unter anderem die Akutversorgung, die Altersvorsorge und die Leistungen der Spitex. Bei allen Entscheidungen steht ein gesundes, selbstbestimmtes Leben im Alter im Mittelpunkt.
Unlängst bot sich mir ein spannendes Erlebnis. Bei einem Besuch an den „Aktionstagen Behindertenrechten“ kam ich mit jungen Menschen mit Beeinträchtigungen ins Gespräch. Dabei machten sie mich darauf aufmerksam, was es für sie bedeutet, täglich in ihrer Mobilität im öffentlichen Verkehr oder beim Überwinden von Schwellen beeinträchtigt zu sein. Situationen, die für viele Menschen im Alter aktuell werden. Mir wurde bewusst, wie wichtig es ist, dass alle Menschen ihr Recht wahrnehmen können, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Vielleicht ergäbe sich daraus mal ein spannendes Generationenprojekt.
- Die «Integrierte Versorgung» rückt in den Focus der Altersarbeit, so auch in der Region Sursee. Welchen Gewinn sehen Sie in diesem Ansatz?
Mit dem Projekt «Mobile Altersarbeit» hat die Region Sursee bewiesen, dass ausgehend vom Altersleitbild gemeinsam Projekte entwickelt und umgesetzt werden. Ich bin überzeugt, wenn eine Fachperson Akteure vernetzt, Freiwillige koordiniert und nachbarschaftliche Engagements initiiert, wird die Altersarbeit in den Gemeinden gestärkt. Das ist ein wichtiger, sinnvoller und toller Schritt und es scheint mir, dass dieser Ansatz der Vernetzung zukunftsweisend ist. Es ist mir ein grosses Anliegen, dass sich alle Gemeinden vermehrt damit auseinandersetzen. Denn Themen wie Mobilität ermöglichen, Palliative-Care sicherstellen, Menschen mit Demenzerkrankungen und ihre Angehörige begleiten werden künftig noch stärker als regionale Aufgaben zu denken sein. Diese Vernetzung ist in der Region Sursee wegweisend gelungen.
- In vielen Gemeinden leisten Menschen im Pensionsalter freiwillige Arbeit. Wie schätzen Sie diese Arbeit ein und welche Botschaft möchten Sie den Frauen und Männern zukommen lassen?
Die grossen Herausforderungen der Altersarbeit könnten ohne den Einsatz und das Engagement vieler freiwillig tätiger Menschen längst nicht mehr bewältigt werden. Menschen, die konkrete Aufgaben wahrnehmen, wie mit einem Besuch, mit einem Gespräch, beim Begleiten zu einem Anlass oder auf einen Spaziergang, leisten einen unermesslichen Beitrag an die Gesellschaft. Dieser Arbeit gebührt Respekt und ein grosses Dankeschön.
Ein erster Schritt des Kantons zur Unterstützung sind die Gutscheine und Entlastungsangebote für betreuende Angehörige, die im Kanton Luzern seit Beginn dieses Jahres angeboten werden.
Die Umsetzung des Altersleitbild ist bei der kantonalen Dienststelle Soziales und Gesellschaft angesiedelt. Die Dienststelle bietet auch Beratung und Austausch und finanziert Projekte. Ich bin überzeugt, es gibt Menschen, die viel Erfahrungen und bestimmt auch das Potential hätten, sich für freiwillige Arbeit zu begeistern und zu engagieren.
- Mit dem kantonalen Altersleitbild, wie mit dem Planungsbericht Gesundheitsversorgung 2024 liegen aktuelle und zukünftige Grundlagen vor, die einiges versprechen.
Das ist so und wir sind bereits an der konkreten Umsetzung. So werden Projekte der integrierten Versorgung in der Langzeitpflege durch Beratung und Angebote von der Dienststelle Soziales und Gesellschaft begleitet.
Andererseits bietet der Planungsbericht Gesundheitsversorgung 2024 spannende Ansätze. Die Vernehmlassungsantworten zu diesem Bericht werden gegenwärtig in meinem Departement ausgewertet. Besonders wegweisend finde ich die Idee, dass Versorgungsleistungen konsequent auf den Patientennutzen entlang des gesamten Behandlungspfades ausgerichtet sind. Dies verspricht eine Versorgung, in der Patientinnen und Patienten als Partnerinnen und Partner im Prozess integriert sind. Persönlich finde ich dies einen wertvollen Ansatz, von dem auch ältere Menschen profitieren werden. Ich hoffe, dass dies auch im Parlament auf Zustimmung stösst. Ein weiterer Punkt ist der Ansatz, Netzwerke zu schaffen oder zu stützen. Dies wird entsprechende Rahmenbedingungen und damit gesetzliche Anpassungen erfordern.
- Welchen persönlichen Bezug haben Sie zu alten Menschen?
In meiner ehemaligen Tätigkeit als Sozialvorsteherin in der Gemeinde Wikon hatte ich viele eindrückliche und unvergessliche Kontakte zu alten Menschen. Mit einigen ehemaligen Klientinnen und Klienten bin ich immer noch im Kontakt. Ich habe auch längere Zeit meine Grossmutter begleitet und jetzt meine eigenen Eltern sowie meine Schwiegereltern. Doch wenn es um die Wohnfrage geht, steht für meine Schwiegereltern bereits fest, dass sie ihren Wohnort im Bündnerland nie verlassen möchten – obwohl wir eine Einlegerwohnung bei uns im Haus hätten.
Eine Tatsache, die mich immer wieder darin bestätigt, wie wichtig es ist, dass in Gemeinden oder in Planungsregionen Voraussetzungen für begleitetes Wohnen existieren. Es ist zwingend, die Selbstbestimmung der Menschen bis ins hohe Alter zu respektieren und zu garantieren./wm
Frau Regierungsrätin, herzlichen Dank für dieses Gespräch und weiterhin viel Freude an Ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit. Bleiben Sie zuversichtlich, dass Ihre angestrebten Vorhaben gelingen.
18.07.2024
Von Werner Mathis