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Die Enkel, das Grosi und der Spaziergang

Die schönsten, klügsten, aufgewecktesten Enkel aller Zeiten werden älter, was das Hüten aber noch nicht viel einfacher macht. 

Der Morgen hatte sich hingezogen, der Ältere wollte mit Grosi spielen, der Jüngere mit dem Älteren, das liess sich nicht optimal miteinander verbinden. Das Essen verlief aber friedlich. Jetzt galt es, die nächsten Stunden über die Runden zu bringen. Da drängt sich jeweils ein Spaziergang auf, nur, wo sind die Sonnenhüte, die Sonnencrème, die Schuhe des Grossen, die Wasserflaschen? Der Kleine flutscht mir permanent durch die Hände, wenn ich in eincrèmen will, der Grosse verweigert Sonnencrème im Gesicht, das klebe.
Dann endlich sind wir soweit und steigen in den Keller, um den Kinderwagen zu holen. Die Handhabung dieses Geräts erinnert mich jedes Mal an Emils Kabarett-Nummer. Wie kippe ich die Schale von der liegenden in die sitzende Position, dies mit dem Kleinen bereits drin, da dieser sonst in Sekundenschnelle bei der Treppe ist und hochklettern will. Mit beiden Händen müssen die seitlichen Schieber nach vorne gedrückt werden, aber mir fehlt die dritte Hand, um nun die Schale aufzurichten. Ich schiebe mit Bauch und Beinen und versuche, nicht laut zu werden. Der Grosse kommt mir zu Hilfe, er weiss, wie’s geht. Nun sind aber die Gurte, mit welchen ich den Kleinen gesichert habe, zu kurz. Er reklamiert, ich schwitze. Ich schaffe es, ihn wenigstens um den Bauch zu sichern. Jetzt hängt noch dieses fahrende Sitzanhängsel für den Grossen am Handlauf. ‘Fillikid’ heisst es und laut Beschreibung erlaubt es dem Kleinen, ‘seine Beine von einem langen Spaziergang zu erholen’. Was es mit den Beinen des Grosis macht, das so an die 30 Kilo den Berg raufschiebt, steht nirgends. Dieses ‘Fillikid’ hängt nun also fest verzurrt am Handgriff, Räder in der Luft. «Das hat der Papi so gemacht», erklärt der Grosse. Die Gurte scheinen unverrückbar, bis der Grosse wieder eingreift und sagt: «Grosi, du musst den Handgriff des Wagens runtermachen, dann kannst du die Schlaufe wegnehmen.» Jetzt wo er es sagt.…

Wir fahren los. Der Grosse mag nicht gehen, ich verstehe ihn, es ist einer dieser unglaublich schwülheissen Tage. Also sitzt er auf dem fahrbaren Untersatz, während ich in seltsam gebeugter Haltung versuche, nicht ständig damit in Konflikt zu geraten. «Grosi, mein Hirn tut weh», sagt der Grosse. «Dein Hirn?» frage ich. «Ja, wegen der Sonne» sagt er. «Also Hirn oder Stirn?» «Nein Hirn, das geht voll rein». «Du hast doch deinen Hut, und du wolltest ja keine Sonnencrème», sage ich, er sagt nichts mehr.

Dann kommt der erste Schachtdeckel. «Grosi, siehst du da den Gully, da vorne hats auch einen, hast du gesehen, und dort in der Mitte, dort ist die Koordinations-Verbindungs-Stelle, da kommen mega viele Leitungen zusammen, hast du gesehen, Grosi.» Ja, hab ich gesehen. «Hast du das mit den Leitungen gewusst», fragt er. «Ja», sag ich, damit was gesagt ist. «Hast du es gewusst, bevor ich es dir erzählt habe?» Und während er weiter aufklärend über Gullys referiert, hängt sich der Kleine über den Wagenrand und versucht, mit den Händen die Räder zu erreichen. Dazu schiebt der heisse Wind den Sonnenschirm in alle Richtungen, das kommt davon, dass der Kleine unglaublich gerne am Knauf rumhantiert, der den Schirm stabilisieren sollte.

So gondeln wir durch die Hitze. «Ich habe Hunger» sagt der Grosse, das sagt er immer, wenn er sich langweilt. «Hast du nicht», sage ich, «du hast soeben gegessen.» «Eauner» imitiert der Kleine den Grossen. «Siehst du», sagt der Grosse, «der hat auch Hunger. «Ich habe Durst», sagt er dann, das glaube ich ihm eher, merke aber, dass die beiden Trinkflaschen in der Hektik zu Hause geblieben sind. «Eaus» ruft der Kleine postwendend. Bevor das Ganze ausartet, gebe ich auf und nehme die nächstmögliche Abkürzung nach Hause. Schweissgebadet erreiche ich die Wohnung, die beiden trinken und vergnügen sich dann zu meiner grossen Erleichterung eine Weile gemeinsam mit der Brio-Bahn. Ich sinke erschöpft auf das Sofa. Glücklicherweise werden sie älter! Ich aber leider auch!

23.September
2023

Von Gabi Bucher