Tierpark bringt Generationen zusammen
Sursee Freiwilligenarbeit hat viele Gesichter – und ist nicht den Erwachsenen vorbehalten
Wer
an Freiwilligenarbeit denkt, dem kommen wohl zuerst Bilder von älteren
Menschen in den Sinn, die noch ältere Menschen, vielleicht ihre Eltern
oder Nachbarn, betreuen. Oder Menschen im Altersheim besuchen. Oder
Rentner, die in Schulen Hausaufgabenhilfe anbieten oder für die Spitex
Mahlzeiten austragen. Im Alterszentrum St. Martin in Sursee leisten auch
Kinder Freiwilligenarbeit: im Tierpark.
Die Mini-Shetlandponys Kheilan
und Jordi fressen Nika (13) und Kaya (10) Arnold aus der Hand. Sofern
sich darin ein saftiger Apfel verbirgt. Mit ihrer Mutter Irène haben sie
sich verpflichtet, regelmässig die Tiere des Tierparks, der, öffentlich
zugänglich, zum Alterszentrum gehört, zu betreuen.
Ponymähnen zöpfeln
«Wir
haben eine Katze zu Hause; ich mag Tiere», sagt Nika zu ihrer
Motivation. Die beiden Mädchen sind als kleine Kinder schon häufig im
Tierpark gewesen. Und Nika und Kaya machen auch gerne etwas mit den
Tieren, sei es ausmisten oder füttern. Am liebsten aber schmusen die
beiden mit ihnen; den Ponys zöpfeln sie gerne die Mähne. «Ich hab gleich
gewusst, wer Wochenenddienst hatte», lacht Daniel Arnold (weder
verwandt mit den Kindern noch mit Zentrumsleiter Urs Arnold). Er ist
sehr froh und dankbar um die Mithilfe Freiwilliger: «Es ginge nicht ohne
sie.»
Todesfälle gehen nahe
Insgesamt
fünf Kleingruppen oder Einzelpersonen, zumeist Pensionierte, teilen
sich in die freiwillige Betreuung der Tiere. Neben den Ponys hat es im
Tierpark Zwerggeissen – auch Tiere, die den beiden besonders ans Herz
gewachsen sind, dann noch Wellensittiche, Kaninchen, Hühner und
Meerschweinchen.
«Wir durften mal bei der Geburt
von kleinen Geissen dabei sein», erzählt Nika. Sie aufwachsen zu sehen,
gefällt ihnen. Umso schlimmer, wenn sie, wie jüngst, in den Ferien
erfahren, dass eins gestorben ist. «Das Muttertier ist wohl zu alt, zu
wenig Vitamine», vermutet Daniel Arnold. Er ist als Mitarbeiter
Liegenschaften beim Alterszentrum zuständig für die ganze Umgebung,
inklusive Tierpark.
Verantwortungsbewusstsein
Seit
Sommer 2017 sind Kaya und Nika dabei. Vorher hatte Nika beim
Zentrumsleiter brieflich nachgefragt, ob ihre Mitarbeit gefragt sei; in
den Sommerferien schnupperten sie. Offensichtlich packten sie richtig
an, denn seit Dezember 2017 gehören sie zum Team. Einmal pro Monat haben
sie Wochenenddienst; dazu kommen zwei Mittwochabende pro Monat. Mutter
Irène ist jeweils dabei; es geht nicht nur ums Spielen mit den Tieren.
Misten und Füttern gehören zum Auftrag; Verantwortungsbewusstsein ist
Voraussetzung. Irène Arnold: «Wir Eltern sind sozusagen Helfershelfer.»
Ein Begegnungsort
Daniel
Arnold weiss: Der Tierpark ist ein wichtiger Teil des Alterszentrums.
Wie der Garten. Denn viele Bewohnerinnen und Bewohner hatten früher
einen Garten, hielten Haustiere. Darum halten sie sich oft auch im
Tierpark auf. Genauso wie Familien und die Kinder samt Betreuerinnen der
nahegelegenen Kindertagesstätte. «Die Kitas kommen täglich vorbei, bei
jedem Wetter», sagt Daniel Arnold, und viele Bewohner kämen mit ihrem
Besuch, samt Enkeln und Urenkeln, manchmal bis zu 50 Personen. «Viele
Bewohner haben ihre Lieblingstiere», weiss er, und wenn Jungtiere da
sind, sei das Interesse besonders gross. Ein Highlight, auch für Kaya
und Nika. Wie der Besuch der Rossbadi in Sempach-Station mit Kheilan und
Jordi.
Kaya und Nika sind die ersten Kinder, die im Alterszentrum St. Martin Freiwilligenarbeit leisten. Vorher waren es ausschliesslich Pensionierte. Inzwischen engagiert sich eine weitere Mutter mit ihrer Tochter: Nicole und Sofia Hadalin. «Den Austausch zwischen Generationen finde ich mega-schön», sagt Daniel Arnold. Und die Tiere kennen ihre Betreuerinnen, die Geissli lassen sich herumtragen, die Ponys geniessen es, wenn sie gebürstet werden.
15.März
2020
Von Peter Weingartner